Didaktische Konzepte

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien ununterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o.): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten, je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment, in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien ununterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind  zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o.): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien unterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind
zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s.o. S. 2): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten,
je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment,
in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.

Übersicht über die Unterrichtsentwürfe aus der fachdidaktischen Literatur

In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die bisher ausgearbeiteten Unterrichtskonzepte zur Quantenphysik. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der inhaltlichen Struktur der betrachteten Unterrichtskonzepte. Eine didaktische oder fachliche Auseinandersetzung mit den beschriebenen Entwürfen soll an dieser Stelle nicht stattfinden; in diesem Kapitel beschränken wir uns auf die inhaltliche Darstellung. Einige der hier vorgestellten Entwürfe sind in der Unterrichtspraxis erprobt und evaluiert worden.

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner – 2. Das Berliner Konzept – 3. Das Bremer Unterrichtskonzept – 4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck
4.2 Zeigerformalismus nach Bader – 5. Visual Quantum Mechanics – 6. Literatur

 

1. Das Unterrichtskonzept von Brachner und Fichtner

Brachner und Fichtner (1977, 1980) entwickelten in den späten siebziger Jahren den ersten für die Schule gedachten Quantenphysik-Kurs, der sich stark an die Vorlesungen von Feynman (Feynman 1966) orientiert.

Im Folgenden ist kurz der Aufbau des Kurses skizziert:

 I. Quantenphysik
1. Elektronen:

  • Nachweis des Elektrons sowie Bestimmung von Masse und Ladung.
  • Beobachtung des Verhaltens von Elektronen am Doppelspaltexperiment.
 Elektronen sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen
 2. Photonen:

  • Doppelspaltexperiment mit abgeschwächtem Licht
  • Photoeffekt
  • h-Bestimmung
  • Compton-Effekt
 Photonen sind weder klassische Teilchen noch Wellen.
 3. Charakterisierung von Mikroobjekten:

  • Stochastisches Verhalten
  • De-Broglie-Beziehung
  • Drehimpuls
  • Spin und Polarisation.
Wahrscheinlichkeitsgesetze in der Mikrophysik; Drehimpulsquantisierung; Fermionen und Bosone
 4. Energiequantisierung:

  • Franck-Hertz-Versuch
  • Energieniveaus von Atomen
 Das Bohrsche Atommodell wird explizit vermieden.
 5. Superpositionsprinzip:

  • Wahrscheinlichkeitsamplituden und Wahrscheinlichkeiten
 Wie bei Feynman wird die zentrale Bedeutung de Wahrscheinlichkeitsamplituden hervorgehoben. Für sie, nicht für die Wahrscheinlichkeiten gilt das Superpositionsprinzip.
 6. Potentialtöpfe und Schrödinger-Gleichung:

  • Elektron in verschiedenen eindimensionalen Potentialtöpfen
 Stationäre und zeitabhängige Schrödinger-Gleichung; unendlicher hoher Potentialtopf; endlicher Potentialtopf; Tunneleffekt; chemische Bindung
 7. Unbestimmtheitsrelation:

  • Formulierung der Unbestimmtheitsrelation
  • Anwendung (Tunneleffekt, Feldionenmikroskop)
 Verlust des Bahnbegriffs in der Mikrophysik; Lokalisationsenergie
II. Atomphysik
Es werden die Grundlagen über den Atomaufbau, der Grundzustand vom Wasserstoffatom, die Energieniveaus sowie Emissions- und Absorptionsspektren besprochen. Weiterhin wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Orbitalmodell erklärt.
 III. Vielteilchensysteme
Der Schwerpunkt liegt auf der Ununterscheidbarkeit, der Symmetrie der Wellenfunktion ψ, dem Pauli-Prinzip und dem Bau der Atome anhand der Streuexperimente zwischen 4He-Atomen.

Das Fundamentalprinzip

Ein wichtiger Punkt für Brachner und Fichtner ist das sogenannte quantenmechanische Fundamentalprinzip, das auch bei Feynman (1963) an zentraler Stelle steht. Es lautet:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten (Wege) für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses und wird durch die Versuchsanordnung nicht festgelegt, dass ausschließlich eine bestimmte Möglichkeit gewählt wurde, so tritt immer Interferenz auf. Hinterlässt dagegen jedes Ereignis an der Versuchsanordnung eindeutig ein bestimmtes Merkmal, durch das entschieden werden kann, welche der verschiedenen Möglichkeiten gewählt wurde, dann tritt nie Interferenz auf.

Eine paradigmatische Anwendung findet das Fundamentalprinzip am Doppelspalt: Wenn mit Hilfe einer geeigneten Messvorrichtung entschieden werden kann, durch welchen Spalt ein Elektron gegangen ist, tritt keine Interferenz auf. Erlaubt die Versuchsanordnung dagegen nicht, einem Elektron einen bestimmten Spalt zuzuordnen, bilden die Elektronen auf dem Schirm ein Interferenzmuster aus. Ein anderes Beispiel ist die schon erwähnte Streuung von 4He-Atomen, bei der es aufgrund der Ununterscheidbarkeit zur Interferenzerscheinungen kommt. Streut man dagegen 3He an 4He, tritt keine Interferenz auf.

2. Das Berliner Konzept

Das von Fischler und Lichtfeldt unter Mitwirkung von Lehrern entwickelte und evaluierte Berliner Konzept zur Einführung in die Quantenmechanik war der erste Unterrichtsvorschlag, der aus der Analyse der typischen Lernschwierigkeiten und Schülervorstellungen beim Lernen der Quantenphysik hervorgegangen ist (Berg et al. 1989).

Bei der Entwicklung der Berliner Konzeption wurde versucht, folgende Schwierigkeiten zu berücksichtigen:

Die enge Verknüpfung von Photonen mit der Teilchenvorstellung: 
Ein eventuell im Unterricht angesprochenes verfeinertes Modell wird schnell zugunsten des anschaulichen Teilchenmodells aufgegeben.

Das Festhalten der Schülerinnen und Schüler am Bohrschen Atommodell: 
In seiner Anschaulichkeit ist das Bohrsche Atommodell für die Schülerinnen und Schüler attraktiv. Selbst wenn die Grenzen des Modells angesprochen werden, wird es nicht aufgegeben.

Die in den meisten Kursen unzureichende Darstellung der Welle-Teilchen-Problematik:
Häufig werden irreführende Formulierungen zum Nebeneinander von Wellen- und Teilchenmodell verwendet, die die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler in eine falsche Richtung lenken.

Probleme mit dem Begriff der Materiewelle:
Dieser Begriff kann von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls nicht in der intendierten Weise interpretiert werden.

Inhaltlicher Aufbau der Konzeption

Ziel war es, einen Kurs zu schaffen, der “auf der einen Seite mit allen Lehrplänen vereinbar ist und auf der anderen Seite durch eine veränderte Beschreibung der Inhalte und eine von den üblichen Vorschlägen abweichende Anordnung der Teilthemen neue Akzente setzt. Das zentrale Ziel dieser Konzeption ist es, den Schülern das Verständnis der Grundprinzipien der Quantenphysik dadurch zu erleichtern, dass die beobachteten quantenphysikalischen Phänomene von Anfang an durch die Brille der modernen Physik betrachtet werden” (Fischler & Lichtfeldt 1994). Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden.

  • Eine der Grundentscheidungen der Berliner Konzeption war, den Kurs mit Elektronen beginnen zu lassen. Dies wurde mit den oben angesprochenen Nachteilen des konventionellen Beginns mit Photonen begründet. Photonen werden deshalb erst relativ spät im Kurs behandelt.
  • Die Unbestimmtheitsrelation wird in der Berliner Konzeption bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingeführt, um die Unbestimmtheitsrelation für längere Zeit präsent zu haben. Sie wird in der Sprache der Ensemble-Deutung vermittelt: Es gibt keine Gesamtheit von Quantenobjekten, deren Ortstreuung Δ x und Impulsstreuung Δ px gleichzeitig beliebig klein sind. Die Relation  setzt der gleichzeitigen Verringerung von Δ x und Δ px eine prinzipielle Grenze.
  • In der Atomphysik wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs auf die Energieniveaus des Wasserstoffatoms geschlossen. Mit einigen Zusatzannahmen und Überlegungen wird mit Hilfe des dreidimensionalen Potentialtopfs ein Energiespektrum mit  berechnet (auf die Problematik dieser Herleitung wurde von Wiesner (1992) hingewiesen.)
  • Berg et al. (1989) wenden sich gegen eine frühe Beschäftigung mit Deutungsfragen, da “solche Fragen in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext erst dann Hauptthema des Unterrichts werden können, wenn die Schüler einige Kenntnisse über experimentelle und theoretische Methoden und Ergebnisse der Atomphysik besitzen”.

Übersicht über den Kurs

 1. Beugung von Elektronen.   Elektronenbeugung; de-Broglie-Beziehung; Doppelspaltversuch mit Elektronen (zunächst mit hoher, dann mit niedriger Intensität). Gegenüberstellen des Verhaltens von Elektronen, klassischen Teilchen und Wasserwellen am Doppelspalt.
Statistische Deutung in der Ensemble-Interpretation; Versagen des klassischen Bahnbegriffs.
 2. Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation.  Keine “Herleitung” der Unbestimmtheitsrelation, da alle auf Schulniveau diskutierbaren Herleitungen mit Mängeln behaftet sind. Begriff der Lokalisationsenergie.
 3. Energiequantelung im Atom  Eindimensionaler und dreidimensionaler Potentialtopf; Quantisierung der Energie.
Das Bohrsche Atommodell wird nicht behandelt (Bezüge zur klassischen Physik sollen vermieden werden).
 4. Franck-Hertz-Versuch und Spektraluntersuchungen  Franck-Hertz-Versuch; Emissions- und Absorptionsspektren von Atomen als Beleg für die Energiequantisierung.
 5. Quantelung des Lichts  Äußerer Photoeffekt; Taylor-Experiment mit einzelnen Photonen (Experiment mit Fotoapparat in einem abgedunkelten Kasten); Compton-Effekt
 6. Deutungsfragen  Z. B. Lektüre von Originalarbeiten

Das Berliner Unterrichtskonzept wurde in einer umfangreichen Unterrichtsuntersuchung evaluiert.  Die Ergebnisse können Sie hier nachlesen.

3. Das Bremer Unterrichtskonzept

Das Bremer Unterrichtskonzept zur Quantenmechanik entstand zum einen aus der Untersuchung von Schülervorstellungen aus dem Bereich der Atom- und Quantenphysik, zum andern aus der Erprobung des Einsatzes von Modellbildungssystemen auf dem Computer mit dem Ziel der Berechnung von Zuständen höherer Atome.

Nähere Informationen dazu findet man auf der Homepage der Physikdidaktik der Uni Bremen.

Niedderer (1992) kennzeichnet die didaktische Konzeption durch folgende Leitideen:

Von Bohr zu Schrödinger

Ausgehend von der kritisierten Dominanz des Bohrschen Atommodells in den Schulen ungebrochen ist, wird im Bremer Ansatz “das Bohrsche Modell nur so weit berücksichtigt, wie es in einem schülerorientierten Unterricht von Schülern selbst eingebracht wird” (Niedderer 1992). Angestrebt wird ein Verständnis des Schrödingerschen Atommodells mit seinen stationären Zuständen und diskreten Energieniveaus. Reduzierung des mathematischen Aufwands. Der mathematische Aufwand wird bei der realistischen Beschreibung von höheren Atomen schnell sehr groß. Das Konzept des durch Quantenzahlen beschriebenen Zustands wird zur mathematischen Vereinfachung durch die Analogie der klassischen stehenden Welle eingeführt. Der Computer (genauer: das grafische Modellbildungssystem STELLA) spielt eine wesentliche Rolle bei der Diskussion atomarer Zustände und der Berechnung von Energieniveaus.

Erschließung von Anwendungen

Nach Niedderer (1992) ist das Ziel des Kurses “weniger eine Vertiefung der Interpretationsdiskussion und ihrer philosophischen Probleme, [die] Konzeption ist mehr auf die Erschließung von Anwendungen [des] Quantenmodells auf Phänomene der Atomphysik, der Chemie und der Festkörperphysik gerichtet.”

Schülerorientierung

Schülerorientierte Phasen an verschiedenen Stellen des Unterrichts sollen Begriffsbildung und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler erleichtern.

Inhalte des Bremer Unterichtskonzepts

Wie diese Zusammenstellung zeigt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Unterrichtskonzepts bei den gebundenen Zuständen, also in der Atomphysik. Der zentrale Gedanke hinsichtlich der Vorstellung von Atomen liegt darin, einen anschaulichen Begriff des quantenmechanischen stationären Zustands an Stelle des in den Schülervorstellungen dominanten Bohrschen Atommodells zu setzen.

 1. Licht und Elektronen als Quanten  Photoeffekt; Begriff des Photons; Wellenverhalten von Elektronen.
 2. Die Analogie der stehenden Welle.  Einführung stationärer Zustände aus der Analogie zur stehenden Welle in der klassischen Physik (Seilwelle mit veränderlicher Massendichte)
 3. Vorstellungen vom Aufbau der Atome  Im Bremer Ansatz wird das “Modell Quant” folgendermaßen beschrieben:

(1) Es gibt kleinste Einheiten (Photonen, Elektronen), die durch Energie, Impuls oder Ort, Ladung und Masse gekennzeichnet sind. Sie werden bei Messungen punktförmig angetroffen.

(2) Diesen Quanten ist eine Funktion zugeordnet, für deren Interpretation zwei Varianten angeboten werden: die Interpretation als Antreffwahrscheinlichkeit und die Interpretation als kontinuierliche Ladungsdichte. Teilweise wird diese Ladungsdichte als Substanz (“Elektronium”) interpretiert.

 4. Stationäre Schrödingergleichung  Die Schrödinger-Gleichung wird über die Seilwellenanalogie eingeführt und anschließend am Computer untersucht, wobei vor allem die Bestimmung von Eigenwerten im Mittelpunkt steht.
 5. H-Atom.  Mit dem Computer werden kugelsymmetrische Lösungen der eindimensionalen radialen Schrödinger-Gleichung gesucht. Die Lage der erlaubten Energien wird durch Berücksichtigung der Randbedingungen ermittelt.
 6. Mehrelektronen-Atome  Die Diskussion höherer Atome beginnt mit dem Begriff der Abschirmung, die durch die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Elektronen des selben Atoms bewirkt wird. Anwendungen sind z. B. Helium- und Lithium-Atom.

Informationen über die Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts finden Sie hier.

4.1 Der Zeigerformalismus nach Küblbeck

Seit Feynmans Buch “QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie”, in der die Quantenphysik auf einen strukturell sehr einfachen Formalismus mit rotierenden Zeigern zurückgeführt wird, gibt es Bemühungen, den Zeigerformalismus auch für die Schule zu nutzen. Bisher liegen drei ausgearbeitete Unterrichtskonzepte vor, die in diesem Abschnitt besprochen werden sollen.

Modellbildung

Wie der Titel von Küblbecks (1997) Unterrichtskonzept schon nahelegt, geht es hier nicht nur um Quantenphysik, sondern es wird auch über Modellbildung in der Physik allgemein reflektiert. Küblbeck stellt dar, dass in der Physik eine Nachbildung der Wirklichkeit versucht wird. Physik ist deshalb immer mit Modellbildung verknüpft – sei es in Form von Modellobjekten oder Theoriemodellen. Er spricht sich dafür aus, die Modellbildung als erkenntnistheoretisches Thema explizit in der Schule zu behandeln. Die Quantenphysik ist hierfür in besonderem Maß geeignet. Das mathematische Modell (der Formalismus der Quantenmechanik) ist für die Schule deutlich zu kompliziert, während anschauliche Modelle wie Wellen- und Teilchenmodell nur Teilbereiche des Quantenverhaltens wiedergeben.

Küblbeck plädiert dafür, den Zeigerformalismus bereits in der Wellenoptik einzuführen und begründet das mit den oben erwähnten erkenntnistheoretischen Überlegungen: “Wenn man mit einem Modell vertraut ist, und es sich bewährt hat, dann hält man es leicht für die Wirklichkeit. So ist z. B. das Wellenmodell sehr anschaulich, doch diese Anschaulichkeit verführt zu verabsolutierenden Vorstellungen bei Phänomenen, die sich nicht nur wellenartig verhalten, wie das Licht. Der Zeigerformalismus ist für die Schüler – viel mehr als der Wellenformalismus – offensichtlich ein Algorithmus, nicht an physikalische vorstellungen gebunden und interpretationsbedürftig.” (Küblbeck 1997, S. 25).

Der Zeigerformalismus

Küblbeck beschreibt den Umgang mit dem Zeigerformalismus folgendermaßen (Küblbeck 1997, S. 25f): “In einer bestimmten experimentellen Anordnung sendet eine Quelle Q Felder oder Objekte einer bestimmten charakteristischen Länge aus. […] Mit dem folgenden Rezept kann man eine Größe I(X) an jedem beliebigen Punkt X bestimmen, die im jeweiligen Modell geeignet zu interpretieren ist. (in der Wellenoptik ist sie proportional zur Energieeinstrahlungsintensität, in der Quantenphysik zur Detektionswahrscheinlichkeit):

  1. Zunächst muss man alle Zeigerlinien zwischen Quelle Q und Punkt X finden. Das sind die relativ kürzesten Verbindungen, also alle Verbindungen, die durch jede kleine Deformation länger werden.
    Die durchgezogene Linie ist eine Zeigerlinie.
    Sie wird durch jede kleine Deformation länger (gestrichelt)
  2. Auf jeder Zeigerlinie rollt ein Rad mit Umfang l, auf das ein Zeiger der Länge 1 aufgezeichnet ist. An der Quelle zeigt der Zeiger nach oben, dann dreht er sich mit dem Rad, bis er am Punkt X stehenbleibt (siehe Abb. unten). Die Zeigerendstellung ist ein Vektor mit der Länge 1 und einer Winkelstellung , die wir Phase nennen […].
    Auf der Zeigerlinie abrollendes Rad
  3. Nun werden jeweils alle Vektoren (vektoriell) addiert, die zu kohärenten Zeigerlinien gehören. […]
  4. Die Längen der entstehenden Summenvektoren werden quadriert […]. Die erhaltene Summe ist I(X). Das so explizierte Zeigerrezept kann nun auf verschiedene Systeme der Optik angewandt werden. Küblbeck nennt Doppelspalt, Dreifachspalt und (Fresnel-)Spiegel.

Die Anwendung des Zeigerformalismus in der Quantenphysik erfordert die Uminterpretation von I(X) als Wahrscheinlichkeit
sowie eine zusätzliche Regel.

Diese Grundregel besagt:

Wenn zwei Zeigerlinien ununterscheidbar sind, müssen die zugehörigen Vektoren zuerst vektoriell addiert und dann quadriert werden, ansonsten sind zuerst die Vektoren zu quadrieren und dann die Ergebnisse zu addieren.

Dies entspricht dem Fundamentalprinzip von Brachner und Fichtner (s. o.): Addition der Amplituden oder Addition der Wahrscheinlichkeiten, je nach Unterscheidbarkeit der Alternativen. Illustriert wird dies mit dem schon oben angesprochenen Streuexperiment, in dem sich für 4He-4He-Streuung Interferenz ergibt, für die 3He-4He-Streuung dagegen nicht.

Inhalte des Kurses von Küblbeck

 1. Photoeffekt und Teilchenmodell für Licht  Photoeffekt; Bestimmung der Planckschen Konstante; Gegensatz zwischen Wellen- und Teilchenmodell beim Doppelspalt-Experiment.
 2. Wellen- und Teilchenmodell für Elektronen  Elektronenbeugung; Betonen des analogen Verhaltens von Licht und Elektronen
 3. Die Unschärferelation in der Feynman-Form  Feynman-Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: “Man kann kein Doppelspalt-Experiment konstruieren, bei dem man ein Interferenzmuster bekommt und gleichzeitig feststellen kann, welchen Spalt die Mikroobjekte passieren.”
Experimentelle Demonstration an einem Doppelspalt mit verstellbaren Polarisatoren.
 4. Überlegungen zur Modellbildung  Die bisher vorgefundene Situation mit zwei unterschiedlichen Modellen ist unbefriedigend: Daher Thematisierung der Modellbildung.
 5. Erarbeiten der Quantenphysik-Regeln  Regeln des Zeigerformalismus für Spaltexperimente. Üben der Regeln mit einem “Steckerlrad” (drehbares Rad an einem Stiel, mit dem die Zeigerlinien nachgefahren werden).
 6. Interpretation der Quantenmechanik und gebundene Systeme  Keine ausführliche Behandlung dieser beiden Aspekte.

4.2 Zeigerformalismus nach Bader

Bader verfolgt einen etwas anderen Zugang zum Zeigerformalismus. Im Gegensatz zum vorher vorgestellten Unterrichtsentwurf stützt er sich sehr stark auf den Computer. In seinem Buch “Eine Quantenwelt ohne Dualismus” (Bader 1996) distanziert er sich zunächst vom traditionellen
Welle-Teilchen-Dualismus. Er plädiert für eine “Umdeutung des Huygensschen Prinzips auf Quantenobjekte”, was durch die Einführung von Zeigern geschieht. Bader legt Wert darauf, dass die rotierenden Zeiger keine Entsprechung in der Wirklichkeit haben. Sie stellen einfach ein Hilfsmittel zur Berechnung von Intensitäten bzw. Wahrscheinlichkeiten dar.

Ein Unterrichtsgang zur Quantenphysik sieht nach Baders Vorschlag wie folgt aus:

 1. Wellenoptik  Einführung in den Zeigerformalismus; Beugungsbilder; Fermatsches Prinzip.
 2. Lichtquanten  Fotoeffekt; Röntgenbremspektrum; Paarbildung und -zerstrahlung.Zeigerformalismus als “Umdeutung des Huygensschen Prinzips”. Für Quantenobjekte liefert der Formalismus Wahrscheinlichkeitsaussagen.
 3. Quantenobjekte mit Ruhemasse  Elektronenbeugungsröhre; de-Broglie-Beziehung; Superpositionsprinzip.
 4. Fortschreitende Materie”wellen”  Aufbau und Ausbreitung von Wellenpaketen (Visualisierung mit Computer); Unbestimmtheitsrelation.
 5. Energiequantisierung  Energiequantisierung; Franck-Hertz-Versuch; Spektrallinien.

Beschreibung im Atom eingesperrter Elektronen, Wellenfunktion; Potentialtopf; Quantensprünge als Übergänge zwischen Energieniveaus.

 6. Schrödingergleichung  Erraten der Schrödingergleichung. Suchen nach Eigenwerten für vorgegebene Potentiale mit dem Computer. Tunneleffekt; harmonischer Oszillator; Messvorgang.

4.3 Der Unterrichtsvorschlag von Erb, Schön und Werne

Ein weiterer Vorschlag zum Zeigermodell ging aus der Weiterentwicklung des Konzepts “Optik mit Lichtwegen” von Erb und Schön (Erb 1994, 1995). Dieses Optik-Curriculum baut auf dem Fermatschen Prinzip auf, nach dem das Licht zwischen zwei Punkten den jeweils schnellsten Weg nimmt. Dieses Prinzip, das schon in der Mittelstufe eingeführt wird, wird in der Oberstufe zum Feynmanschen Zeigerformalismus für die klassische Optik ausgebaut.

Der quantenmechanische Teil des Kurses wurde von Werner (2000) ausgearbeitet und im Unterricht erprobt. Aus dem Optikteil des Kurses ist der Zeigerformalismus bereits bekannt, seine Einführung erfolgt anfangs mit einem einfachen mechanischen Modell; bei den späteren komplizierteren Beispielen wird der Computer eingesetzt.

 1. Quantenverhalten von Licht Taylor-Experiments (Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen); Photoeffekt; Photonendeutung; Bestimmung von h. Uminterpretation des Zeigermodells: Das Quadrat der Zeigerlänge gibt keine Intensität an, sondern die Antreffwahrscheinlichkeit für einzelne Photonen.Fundamentalprinzip: Interferenzen sind nur dann zu beobachten, wenn dem Licht mehrere verschiedene Wege zur Verfügung stehen, wobei die Wahl eines möglichen Weges durch die Versuchsanordnung unbestimmt bleibt; Unbestimmtheitsrelation als Konsequenz des Fundamentalprinzips.
 2. Quantentheorie des Elektrons  In Anlehnung an den Karlsruher Physikkurs wird der Begriff “Elektronium” eingeführt (die Substanz, deren Quanten die Elektronen sind). Wellenverhalten der Elektronen; de-Broglie-Wellenlänge; Zeigerformalismus für Elektronen eingeführt.
 3. Gebundene Zustände  Unendlich hoher Potentialtopf im Zeigerformalismus; Quantenmechanisches Atommodell: eindimensionaler Potentialtopf als “Schnitt” durch die rotationssymmetrische Elektronenverteilung in einem Atom (der Atomradius muss dabei vorgegeben werden); Spektren und Spektrallinien.

Die Evaluation des Zeigerkonzepts von Werner können Sie hier nachlesen.

5. Visual Quantum Mechanics

Hinter dem Konzept von Zollman steht der Grundgedanke, die Studentinnen und Studenten durch eigene Tätigkeiten (“hands-on activities”) mit dem zu lernenden Stoff in Berührung zu bringen. Dem entsprechend enthält der Kurs viele sehr angewandte Themen aus der Quantenphysik.
Im Vergleich zu vielen deutschen Unterrichtskonzepten ist die starke Orientierung auf qualitative Fragen bemerkenswert. Formeln kommen in dem Kurs nur sehr wenige vor.

Im Kurs werden daneben sehr viel Simulationsprogramme eingesetzt.

 1. Erforschen von Leuchtdioden In diesem Kurs erfolgt der Einstieg über eine Anwendung aus dem Bereich der Festkörperphysik. An verschiedenen Leuchtdioden wird der Zusammenhang zwischen Farbe und Schwellenpannung untersucht und das Spektrum des emittierten Lichtes mit dem von Glühlampen verglichen.
 2. Energiediagramme von Atomen  Energiediagramme von Atomen; Übergänge zwischen Zuständen; Erklärung des Spektrums von Gaslampen.
 3. Spektrum von Leuchtdioden  Valenz- und Leitungsband; Akzeptoren und Donatoren; Funktionsweise und das Spektrum einer Leuchtdiode.
 4. Materiewellen  Doppelspaltexperiment mit Licht und mit Elektronen. De-Broglie-Relation; Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elektronen; Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit.
 5. Wellenfunktionen  Potentialstufen und -töpfen; Randbedingungen; Energieniveaus von Atomen. Wellenpakete und Unbestimmtheitsrelation

 

6. Literatur

F. Bader, Eine Quantenwelt ohne Dualismus, Schroedel, Hannover (1996).

A. Berg u. a., Einführung in die Quantenphysik – Ein Unterrichtsvorschlag für Grund- und Leistungskurse, Pädagogisches Zentrum Berlin 1989

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik für Lehrer und Studenten, Schroedel, Hannover, 1977

A. Brachner, R. Fichtner, Quantenmechanik, Schroedel, Hannover (1980)

S. Deylitz, Lernergebnisse in der Quanten-Atomphysik. Evaluation des Bremer Unterrichtskonzepts, Logos, Berlin (1999).

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, The Feynman Lectures on Physics, Vol. III, (Addison-Wesley, Reading 1966)

H. Fischler, M. Lichtfeldt, Ein Unterrichtskonzept zur Einführung in die Quantenphysik, Physik in der Schule 32, 276 (1994).

J. Küblbeck, Modellbildung in der Physik, hrsg. v. Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart (1997).

M. Lichtfeldt, Schülervorstellungen in der Quantenphysik und ihre möglichen Veränderungen durch Unterricht, Westarp, Essen (1992).

H. Niedderer, Atomphysik mit anschaulichem Quantenmodell, in: H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 88.

J. Petri, Der Lernpfad eines Schülers in der Atomphysik — Eine Fallstudie in der Sekundarstufe II, Verlag Mainz, Aachen (1996)

H. Wiesner, Elementarisierung der Quantenphysik: Didaktische Erfordernisse und fachliche Bedenken, in H. Fischler (Hrsg.): Quantenphysik in der Schule, IPN Kiel (1992), S. 184.