Unmöglichkeit der Bestimmung der Wellenfunktion am Einzelobjekt

Warum man die Wellenfunktion nicht durch Messungen am Einzelobjekt bestimmen kann

1. Spin-Messungen

Um das Problem so weit wie möglich zu vereinfachen, betrachten wir ein möglichst unkompliziertes System. Nehmen wir als Beispiel einen Spin mit zwei möglichen Einstellungen, z. B. “oben” (Zustand ) und “unten” (Zustand ) handelt. Eine Messung des Spins kann man im inhomogenen Magnetfeld einer Stern-Gerlach-Apparatur durchführen. (Bild aus Tipler)

Befindet sich das Quantenobjekt im Zustand , landet es im oberen Bereich des Auffangschirms; befindet es sich im Zustand , findet man es im unteren Schirmbereich. Soweit entspricht die Messung unseren Erwartungen.

Probleme ergeben sich, wenn sich das Quantenobjekt in einem quantenmechanischen Überlagerungszustand (vgl. Kap. 6.5 im Lehrgang) aus und befindet, z. B. im Zustand

 

Wenn man hier eine Messung in der Stern-Gerlach-Apparatur durchführt, findet man das Quantenobjekt entweder im oberen oder im unteren Schirmbereich (jeweils mit einer Wahrscheinlichkeit von 50%). Dies ist schematisch in Bild 2 gezeigt.

 

 

Nehmen wir an, es ergibt sich “oben”. Aus diesem einzelnen Versuchsergebnis kann man den Zustand des Quantenobjekts nicht erschließen. Denn wenn man nur die Aussage: “Es ergab sich oben” zur Verfügung hat, kann man nicht entscheiden, ob das gemessene Quantenobjekt sich im Zustand oder im obigen Überlagerungszustand befunden hat.

 

2. Wiederholung der Messung

Ein naheliegender Gedanke ist die Wiederholung der Messung mit demselben Quantenobjekt. Das heißt, man lässt das Objekt nach der ersten Messung eine zweite Stern-Gerlach-Apparatur durchlaufen (Bild 3). Aber das hilft auch nicht weiter. Um dies einzusehen, muss man die erste Messung noch einmal näher betrachten. Wenn sich hier das Versuchsergebnis “oben” ergeben hat, befindet sich das Quantenobjekt nach der Messung tatsächlich im Zustand , unabhängig von seinem vorherigen Zustand. Schematisch kann man das folgendermaßen darstellen:

 

 

Dieser Prozess wird in der Quantenmechanik als Zustandsreduktion (vgl. Kap. 6.4 im Lehrgang) bezeichnet.

 

3. Messung an einem Ensemble von Quantenobjekten

Die einzige Möglichkeit, den Zustand von Quantenobjekten zu ermtteln, besteht darin, die Messung nicht an einem einzelnen Spin vorzunehmen, sondern an einer großen Anzahl von Quantenobjekten im gleichen Zustand. Das heißt: Man lässt nicht ein und dasselbe Quantenobjekt mehrfach durch Stern-Gerlach-Experimente laufen, sondern man sorgt dafür, dass sehr viele Spins zur Verfügung stehen, die alle in gleicher Weise präpariert worden sind (ein sogenanntes statistisches Ensemble). Diese identisch präparierten Quantenobjekte lässt man nacheinander die Stern-Gerlach-Apparatur passieren. Aus der Statistik der Messwerte, die sich dabei ergeben, lassen sich Rückschlüsse auf den Anfangszustand ziehen (um den Anfangszustand vollständig zu rekonstruieren muss man evtl. noch weitere Größen messen).

Für das Beamen ist diese Möglichkeit der Zustandsbestimmung aber von spärlichem Nutzen. Denn woher sollte man ein Ensemble von identisch präparierten Raumschiff-Captains nehmen, um an ihm Messungen durchzuführen?